Schüler in JVA

Sie nehmen ihren Mitschülern das Handy weg, treten und schlagen sie und stellen diese Prügelszenen auch noch ins Netz. Jugendliche Straftäter. Ein Dauerthema. Man kann das verteufeln, die Täter hart bestrafen oder sich fragen, was kann ich tun, dass es gar nicht erst so weit kommt?! Dass man auf eine solche Frage eine preiswürdige Antwort finden kann, zeigt das Schulprojekt: „Haste nen Plan?“ Zwei Frauen haben gehandelt. Die Polizistin Birgit Preuss und die Schulsozialarbeiterin Andrea Gerritsen.  Sie haben im niederrheinischen Kleve ein Projekt für Schulen entwickelt, das Jugendlichen die Augen öffnen soll: Wann ist das, was sie tun, eine Straftat? Welche Auswirkungen hat  widerrechtliches Verhalten für sie, für die Opfer und für die Angehörigen?

 

Landespreis Innere Sicherheit - Entstehung und Inhalte

2011 setzten die beiden Frauen ihre Pläne in die Tat um: 15 Schüler der Ringschule in Kleve durchliefen zum ersten Mal die fünf Bausteine von „Haste nen Plan?“. Hierfür wurden sie jetzt mit dem Landespreis Innere Sicherheit, den es bereits seit 2003 gibt und der von dem jeweiligen Innenminister verliehen wird, ausgezeichnet. Prämiert werden Netzwerke von Polizei, Kommunen oder Organisationen, „die beispielhafte Ordnungspartnerschaften im Sinne einer bürgerorientierten, rechtsstaatlichen und professionellen Arbeit entwickelt und erfolgreich umgesetzt haben.“ Minister Ralf Jäger hat den Preis am 15.01.2014 verliehen

 

„Haste nen Plan?“ – Projektinhalte

CollageDas Meinungsbarometer ist Bestandteil des ersten Bausteins: Was ist eine Straftat und welche Straftaten kennen die Schüler? Mit Hilfe des Films "Handygewalt". der erzählt, wie eine Gruppe Jugendlicher einen Mitschüler verprügelt und die Szene hinterher ins Netz stellt, lernen die Schüler Straftaten zu erkennen und einzuordnen. Anschließend werden die Rollen verteilt: Wer spielt den Täter, wer das Opfer, wer den Richter und wer den Staatsanwalt. Auch ein Journalist und ein Fotograf werden benannt, die den Fortgang der Handlung dokumentieren helfen.

Im zweiten Baustein bekommt der Täter seine Ladung zur Vernehmung, das Opfer trägt der Gruppe die Strafanzeige vor. Bei der Polizei begleiten zwei Polizeibeamte die Vernehmung, es werden Fotos gemacht und Fingerabdrücke abgenommen.

Für den dritten Baustein kommen Vertreter des Opferschutzes in die Schule und erklären, welche Folgen die Tat für Opfer und Angehörige haben kann. Sozialarbeiter der Jugendgerichtshilfe skizzieren ihre Aufgabe und erarbeiten mit den Schülern eine sogenannte Stellungnahme über den Täter, die bei der Gerichtsverhandlung verlesen wird und Einfluss auf das Strafmaß und die Auflagen im Urteil hat.

Der vierte Baustein widmet sich den Abläufen vor Gericht. Zunächst theoretisch im Unterricht, anschließend wechselt die Gruppe in den Sitzungssaal und spielt eine Verhandlung nach. Das Gericht berät und das Urteil wird verkündet: Bewährungs- oder Geldstrafe oder ein Arrest.

Der fünfte Baustein befasst sich damit, was passiert, wenn die Bewährungsauflagen nicht erfüllt werden. Die Bewährungshilfe stellt sich in der Schule vor, dann geht die Gruppe ins Gefängnis. Dort berichten Häftlinge, was es bedeutet, seine Freiheit zu verlieren. Die Schüler können sich anschauen, wie eng eine Zelle ist und erfahren, wie der Gefängnisalltag abläuft.

Jeder Tag wird auf einer großen Pinnwand dokumentiert, mit Fotos, mit Fragebögen, mit Bemerkungen aus dem Plenum. Am Ende der Woche präsentiert die Gruppe ihre Ergebnisse in großer Runde.Opferschutz

Die Initiatorinnen sind überzeugt von ihrem Projekt. Zunächst, sagt Schulsozialarbeiterin Andrea Gerritsen, sei es schwierig für die Schüler, sich in ihre Rollen einzufinden. Doch dann in der Vernehmung bei der Polizei oder bei der Aussage vor Gericht werde ihnen die Situation unangenehm bewusst. Die Schüler seien regelmäßig beeindruckt davon, wie hart die Folgen einer Straftat sein können und wie schrecklich das Leben im Gefängnis ist: Ohne Handy, weg aus der Welt, ohne Kontakt nach „draußen“ und voller Scham für sich selbst und die Familie.

 

„Haste nen Plan?“ – für Förder- und Hauptschulen

Seit 2011 ist das Projekt insgesamt dreimal durchgeführt worden. Nach Aussage der Macherinnen mit großem Erfolg. Inzwischen gibt es eine Arbeitsmappe inklusive Datenträger, die einen kompletten Ablauf, ein Anschreiben an die Eltern und sämtliche nötigen Unterlagen enthält. Für 29 Euro können interessierte Schulen und Lehrer diese Mappe anfordern. Das Konzept, das eigentlich auf Förder- und Hauptschulen ausgerichtet ist, kann auch für Realschulen und Gymnasien ausgearbeitet werden. Das Berufsbildungszentrum Theodor-Brauer-Haus bietet zusätzlich eine eintägige Mediatoren-Fortbildung an.

 

„Haste nen Plan?“ - Die Initiatoren
Theodor-Brauer-Haus und Kreispolizeibehörde Kleve

Andrea Gerristen arbeitet als Sozialarbeiterin für das Bildungszentrum Theodor-Brauer-Haus in Kleve. Das Zentrum unterstützt mit etwa 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an drei Standorten sozial benachteiligte Jugendliche im Übergang von Schule und Beruf. Polizeihauptkommissarin Birgit Preuss ist in der Kriminalprävention der Kreispolizeibehörde Kleve zuständig für Fragen der Verkehrssicherheit, der Kriminalprävention und des Opferschutzes.

 

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