KO_Postkarte Quelle: Frauennotruf Aachen

In den Jahren 2004 und 2005 verbuchte der Frauennotruf Aachen immer öfter Anrufe von Frauen, die berichteten, vergewaltigt worden zu sein, sich aber nicht richtig daran erinnern zu können. Die Organisation war alarmiert. Der Einsatz von sogenannten K.O.-Tropfen schien zuzunehmen. Die Helferinnen vom Frauennotruf recherchierten und stellten fest - in Spanien und Frankreich war das Thema seit Jahren präsent. Dort hatten Opferschutzorganisationen und Polizei beschlossen: Die beste Art, die Täter in die Schranken zu weisen, ist Vorbeugung.

Die Kampagne soll sensibilisieren, keine Ängste schüren

2006 starteten die Aachenerinnen die Kampagne: „K.O.cktail? Fiese Drogen im Glas“. Broschüren, Flyer und Veranstaltungen sollen auf das Problem hinweisen und Mädchen und Frauen jeglicher Altersklasse sensibilisieren. Denn Angst ist ein schlechter Ratgeber, so Agnes Zilligen vom Frauennotruf Aachen. Es gehe nicht darum, die Menschen vom Feiern und Ausgehen abzuhalten, sondern darauf hinzuweisen, dass sie sich schützen können, um es den Tätern so schwer wie möglich zu machen. Allein 2013 hat der Frauennotruf Aachen nach eigenen Angaben mehr als 40 Veranstaltungen zum Thema K.O.-Tropfen durchgeführt.

K.O.-Tropfen sind schwer nachzuweisen

Was die Organisatorinnen erstaunt: Vor allem in Schulen, kenne ein Drittel der Jugendlichen in den besuchten Klassen (14/15 Jahre alt) jemanden, der unfreiwillig in Kontakt mit K.O.-Tropfen gekommen sei oder von der Freundin oder dem Freund davon gehört habe. Aber nicht immer hat auch ein sexueller Übergriff stattgefunden.“ In den ersten beiden Jahren der Kampagne dokumentierte der Aachener Frauennotruf 43 Anrufe, die darauf hindeuteten, dass K.O.-Tropfen im Spiel waren, berichtet Agnes Zilligen. Auch das Landeskriminalamt kann keine belastbaren Fallzahlen vorweisen, die Dunkelziffer ist hoch. Denn die Opfer können sich nur schlecht oder erstmal überhaupt nicht an die Tat erinnern. Oft ist es zu spät, noch Spuren von Gewalt oder Drogen zu finden. Denn die am häufigsten benutzte Droge (Gamma-Hydroxybuttersäure oder „Liquid Ecstasy“ GHB) ist nur wenige Stunden im Blut oder Urin nachweisbar.

Ausgehen mit Anderen

KO_Postkarte_boxen„Der beste Schutz vor einem K.O.-Tropfen-Angriff ist, aufmerksam zu sein“, sagt Agnes Zilligen. Immer zu schauen, wie ein Getränk ins Glas kommt oder kein bereits gefülltes Glas von jemandem anzunehmen, den man nicht kennt oder dem man nicht vertraut. Getränke nicht einfach unbeobachtet stehen zu lassen, auch auf die Gläser der Begleiter zu achten und sofort zu reagieren, wenn sich deren Verhalten unerwartet verändert. „Wenn jemand plötzlich klagt, dass ihm schwindelig oder schlecht wird oder er sich ungewohnt ausgelassen verhält, ist Aufmerksamkeit angesagt.“ Dann sollten die Bekannten bereit sein,  einzugreifen und die Betroffenen auch nach Hause oder zu einem Arzt oder einer Ärztin zu begleiten.

K.O.-Tropfen hinterlassen traumatisierte Opfer

Die Opfer von unfreiwillig eingenommen Drogen sind häufig traumatisiert. Manchmal erinnern sie sich erst Jahre später an sexuelle Übergriffe in einem halb bewusstlosen Zustand. Erinnerungsfetzen steigen immer wieder hoch und können nicht zugeordnet werden. Albträume plagen. Wer allerdings schon kurz nach der Tat Verdacht schöpft, sollte am besten sofort ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Blut- und Urinproben können zeitnah Sicherheit verschaffen. Eine ärztliche Untersuchung Spuren von Gewalt dokumentieren. „Es kommt da leider auf jede Stunde an. Aber wenn ein Nachweis da ist, hat die Polizei zumindest eine bessere Ermittlungsgrundlage“, weiß Agnes Zilligen. Um auch psychologische Unterstützung zu bekommen, sei es sinnvoll, sich dann an einen Frauennotruf oder an eine Opferberatungsstelle zu wenden. Dort könnten dann die nächsten Schritte, zum Beispiel auch eine Anzeige bei der Polizei, eingeleitet werden.

2014-09-15 AachenerNachrichten
Prävention schafft Hoffnung

Den Betroffenen können aber auf jeden Fall Beratung und Therapie Erleichterung verschaffen. Der beste präventive Rat ist es, sensibel zu sein und  auf sich selbst und andere aufzupassen. Das ist auch das Motto der Kampagne des Frauennotrufes Aachen. Der Kampagne „K.O.cktail? Fiese Drogen im Glas“ haben sich inzwischen Beratungsstellen in mehr als 70 Städten und Regionen Deutschlands angeschlossen. Sie können in Aachen Druckvorlagen sowie fachliche und inhaltliche Standards für Beratungsstellen und Arztpraxen bekommen. Der Arbeitskreis K.O.-Tropfen Köln, dem unter anderem der Kölner Verein Frauen gegen Gewalt e. V. und die Drogenhilfe Köln angehören, hat darüber hinaus eine spezielle Internetseite zum Thema K.O.-Tropfen entwickelt, mit ausführlichen Informationen rund um das Thema.

Weitere Informationen